Fehlgärungen und Dysbiose

Fehlgärungen und Dysbiose – Pupsen und mehr!

Beim Pferd bekommt man es meist nicht so unmittelbar mit, bei Hund und Hauskatze kann es ganz schön nerven: Gerät die Verdauung in Schieflage, bleibt das nicht ohne Folgen. Für das betroffene Tier ist es im ungünstigsten Fall mit Darmentzündung und Stoffwechselstörungen (beim Pferd sogar mit Hufrehe), im günstigsten Fall nur mit Blähungen und Abgang von Winden verbunden. Für den Tierhalter bedeutet es auf jeden Fall Geruchsbelästigung und die Frage: Habe ich bei der Fütterung etwas falsch gemacht bzw. was kann ich tun, um Abhilfe zu schaffen?

Was ist Gärung?

Die offizielle Definition der Gärung lautet: Mikrobieller Abbau organischer Stoffe ohne Einbeziehung von externen Elektronenakzeptoren wie beispielsweise Sauerstoff (O2) zum Zweck der Energiegewinnung. Anders ausgedrückt: Zersetzung organischer Substanz durch Mikroorganismen ohne Beteiligung von Sauerstoff.

In der Lebensmittelherstellung gezielt eingesetzt und durchaus erwünscht: alkoholische Gärung, Milchsäuregärung, Essigsäuregärung. Und auch bei der Herstellung von Insulin, Penicillin, Biogas, Tee und Tabak macht man sich die Eigenschaft spezieller Bakterien zunutze, im Zuge der Verwertung organischer Substanz erwünschte und nützliche Nebenprodukte zu bilden. Neben Energie in Form von Fettsäuren werden dabei auch immer Gase frei, die ihrerseits noch Energie enthalten. Es gibt geruchslose und solche, die penetrant stinken und dazu noch giftig sind (Ammoniak, Schwefelwasserstoff).

Wo findet Gärung statt?

Gärung findet nicht nur gezielt in den Anlagen der Nahrungs-, Futtermittel- und Arzneimittelhersteller statt, sondern auch im Magen-Darmtrakt von Mensch und Tier. Bei den Pflanzenfressern ist der Blinddarm mit seinen immensen Ausmaßen die Gärkammer, in der in großem Umfang die Pflanzenfasern als Nahrungsgrundlage verwertet werden. Hier gibt es die passenden Bakterien, die unter Luftausschluss überleben können, und es gibt reichlich Nahrung für die darauf spezialisierten Mikroorganismen. Die gewonnene Energie stellen sie dem Wirt zur Verfügung in Form von Fettsäuren. Die werden über die Darmwand aufgenommen und unter Energiegewinn verstoffwechselt. Grundsätzlich findet die Vergärung von allem, was nach Verdauung und Resorption übrig bleibt im Darm, und zwar im Dickdarm, statt.

Die Bakterienbesiedlung passt sich dabei immer an das Nahrungsangebot an. Eine durchaus sinnvolle Einrichtung solange Art und Umfang dieser Verwertung in einem gewissen Rahmen bleiben. Alles, was nämlich nicht ordnungsgemäß verdaut (in seine Bausteine zerlegt) und resorbiert (in die Darmwand aufgenommen) werden konnte, gelangt in den Dickdarm. Und hier findet die Verwertung durch die Mikroorganismen statt. Je artfremder die Ernährung und/oder je schlechter Verdauung und Resorption sind, um so mehr verändert sich die normale Darmflora.   Es kann zu Verschiebungen kommen, die die Versorgung des Wirtes gefährden und zu erheblichen Gesundheitsstörungen führen. Außer den Fettsäuren produzieren die Bakterien wie schon gesagt „Nebenprodukte“ mit unerwünschten Wirkungen: Amine, Ammoniak, Schwefelwasserstoff. Es kann zu ph-Verschiebungen mit verheerenden Folgen und Vergiftungserscheinungen kommen.

Die Verdrängung der normalen Bakterienbesiedlung ist insbesondere beim Pflanzenfresser in mehrfacher Hinsicht fatal. Werden die Mikroorganismen, die er zur Verwertung der Pflanzenfasern braucht, verdrängt, kann seine Versorgung mit Energie  unzureichend werden. Durch die unverdauten Pflanzenfasern kann es zu Verstopfungskoliken kommen und durch die ph-Verschiebung zu Darmentzündung und Stoffwechselstörung.

Was ist eine Fehlgärung?

Von Fehlgärung spricht man, wenn der Gärungsprozess nicht so läuft, wie geplant. Und das kann passieren, wenn sich unerwünschte Bakterein ansiedeln und bei der Gärung mitmischen. Sie produzieren Substanzen, die nicht erwünscht sind. Das kann bei allen natürlich ablaufenden Gärungen (z.B. Silierung von Grünfutter oder Sauerteigherstellung) passieren und auch bei gelenkten Prozessen bei industriellen Abäufen.

Verschiebt sich im Verdauungstrakt die Keimbesiedlung in unerwünschte Richtung, spricht man von einer Dysbiose. Die Dysbiose kommt niemals von ungefähr. Sie kann das Resultat einer Antibiotika-Behandlung (mit Zerstörung der physiologischen Darmbesiedlung) sein oder eines Fütterungsfehlers. Solange die Fütterung in diesem Fall nicht anders gestaltet wird, kann sich die Keimbesiedlung nicht nomalisieren und die unerwünschten Gärvorgänge bestehen fort.

Gärung ist immer mit Gasbildung verbunden

Je aktiver die Bakterien, um so umfangreicher die Gasbildung. Die Gase üben Druck auf die Darmwände aus und das kann über den Dehnungssreiz zu Koliken führen. Sie können entweder über die Darmwand ins Blut aufgenommen und schließlich abgeatmet werden, als „Wind“ (Flatus) entweichen oder sich im Verdauungstrakt sammeln und zu einem Zwerfellhochstand mit Druck auf Herz und Lungen führen. Was besonders bei Herz- und Lungenerkrankungen sehr belastend sein kann.
Besonders gefährlich wird es, wenn die Gase nicht nach oben oder unten entweichen können z.B. bei einem Magen- oder Darmverschluß. Dann kann es zu Rupturen kommen.

Ursachen für Gärung im Verdauungstrakt

Eine vermehrte Gärung findet im Dickdarm bei Mensch und Fleischfresser bei ballaststoffreicher und somit auch zellulosereicher Ernährung statt. Oder bei Kohlenhydratüberfütterung (Getreide). Beim Pferd oder beim Kaninchen kann eine Kohlenhydratüberfütterung zur Dybiose mit ihren unerwünschten Wirkungen führen. Niemals aber eine exkzessive Fütterung von Pflanzenfasern (Heu) – das ist die natürliche Nahrung des Pflanzenfressers und der Verdauungstrakt ist mit dem Blinddarm als Gärkammer für die Verwertung ausgelegt. Beim Fleischfresser kann es auch bei einseitiger Fütterung minderwertiger und schlecht verdaulicher Schlachtabfälle zu unerwünschten Gärungen kommen.
In jedem Fall sind Organerkrankungen auszuschließen, die zu Verdauungsstörungen mit nachfolgender übermäßiger Gärung führen.