Functional Food und Nutrazeutika für Tiere

Functional Food und Nutrazeutica – halten sie ihr Gesundheitsversprechen?

Functional Food und Nutraceutica liegen im Trend.  Es handelt sich um Nahrungs-/Futtermittel mit mehr oder weniger erwiesenem Zusatznutzen für die Gesundheit.  Sie lassen sich gewinnbringend für Hersteller und Handel mit gesundheitsbezogener Werbung vermarkten. Wer möchte sich schließlich nicht gesund, schlank und schön essen? Und wer wollte seinem geliebten Vierbeiner das verwehren? Weil der Zusatznutzen eben oft nicht erwiesen ist und von  unkalkulierbaren Begleitumständen beeinflußt wird, sind die gesundheitsbezogenen Werbeaussagen zum Schutze des Verbrauchers gesetzlich reglementiert.   Die Einschränkungen ergeben sich dabei sowohl aus nationaler Gesetzgebung (LFGB)  als auch europäischer Verordnung. Mit findigen Formulierungen ist es aber durchaus möglich, den Verbraucher unter Beachtung aller Verbote trotzdem in die gewünschte Richtung – nämlich zum Kauf –  zu lenken.

Functional Food und Nutrazeutika sind Lebens- bzw. Futtermittel

Die Begriffe Functional Food und Nutraceuticals sind gesetzlich weder in Deutschland noch in der EU  geregelt, d.h. nirgendwo ist eine verbindliche Definition festgelegt. Für den Gesetzgeber handelt es sich ganz schnörkellos um Lebens- bzw. Futtermittel, die dem Lebensmittel-, Futtermittel- und Bedarfsgegenständegesetz (LFBG) unterliegen.

Functional Food

Unter Functional Food versteht man allgemeinhin Nahrungsmittel mit einem Zusatznutzen für die Gesundheit. Dieser Zusatznutzen, der über den eigentlichen Nährwert hinausgeht, kann durch einen bestimmten Inhaltsstoff erreicht werden oder durch einen entsprechenden Zusatz zu dem Nahrungsmittel.

Leinsamen

Beispiele für Functional Food: Leinsamen, Chia-Samen,  Lachsöl, aber auch Alleinfutter für Hunde mit Zusatz von Omega-3-Fettsäuren können als Functional Food eingestuft werden.

Ganz allgemein kann man sagen, dass jedes Nahrungsmittel, das sich durch einen hohen (natürlichen oder zugesetzten) Gehalt eines als positiv eingestuften Inhaltsstoffes auszeichnet, zum Functional Food avancieren kann. Auch die Sojabohne kann man als Functional Food betrachten, enthält sie doch beachtliche Mengen an Phytoöstrogenen, die eine ausgleichende Wirkung auf den Hormonstoffwechsel haben können.

Seltsame Blüten: Functional Snacks für den Hund. Da kommt dann die Frage auf, braucht der Hund überhaupt einen Snack? Nein. Aber der Besitzer möchte ihm Zuwendung in Form eines Snacks geben und braucht eine Rechtfertigung. Da kommt es gerade recht, dass der unnötige und eigentlich ungesunde Snack die Zähne pflegen soll.

Nutrazeutika

Nutrazeutika ist ein Kunstwort, entstanden aus den beiden Begriffen nutrient (Nährstoff) und pharmaceutical (Arzneimittel), zusammengefaßt und eingedeutscht ergibt das dann den Begriff Nutrazeutika.

Als Nutrazeutika werden die wertgebenden und pharmakologisch wirksamen Inhaltsstoffe des Functional Food bezeichnet, die sinnvoll prophylaktisch und therapeutisch eingesetzt werden können. Ob ein prinzipiell pharmakologisch wirksamer Inhaltsstoff tatsächlich eine pharmakologische Wirkung entfaltet, hängt  davon ab, in welcher Menge er aufgenomen wird. Außerdem kann er natürlich dosisabhängig auch unerwünschte Nebenwirkungen haben.

Beispiele für Nutrazeutika: Antioxidantien, Omega-3-Fettsäuren, Ballaststoffe oder sekundäre Pflanzenstoffe, denen bestimmte prophylaktische oder heilende Wirkungen zugesprochen werden.

Denkt man sich hinein in die Problematik der Nahrungsmittel mit Zusatznutzen, wird schnell klar, dass es von den derzeitig populären „Erkenntnissen“ aus Wissenschaft und Forschung abhängt, welches Nahrungsmittel bzw. welcher Inhaltsstoff in welcher Menge einen Zusatznutzen oder im Gegenteil einen Schaden für die Gesundheit bedeutet.  Ernährungsirrtümer sind an der Tagesordnung.

Der Aspekt der Menge darf auf keinen Fall vernachlässigt werden. Was im Rahmen einer ausgewogen Ernährung oder auch eines Mangels gesundheitsfördernd ist, kann im Übermaß der Gesundheit schaden.

Die Problematik der gesundheitsbezogenen Werbung

Alles rund um Herstellung und Vertrieb von Lebens- und Futtermitteln wird vom nationalen Lebensmittel-,  Futtermittel- und  Bedarfsgegenständegesetzbuch  (LFBG) geregelt.  Die Zuschreibung von medizinischen Eigenschaften ist zum Schutze des Verbrauchers untersagt. Zur gesundheitsbezogenen Werbung gibt es eine ergänzende EG-Verordnung.  § 20 LFGB und Art. 11, 13 der Verordnung (EG) Nr. 767/2009)

Welche Werbeaussagen sind erlaubt, welche verboten?

Es ist vom Wortlaut her verboten, beim Verkehr mit Futtermitteln oder Futtermittelzusatzstoffen Aussagen zu verwenden, die sich auf die Beseitigung, Linderung oder Verhinderung von Krankheiten beziehen. Diese Worte sind ebenso wie Heilung und Verhütung/Prophylaxe im Zusammenhang mit Krankheiten zu meiden. Man darf also nicht sagen, dass ein Nahrungsmittel gegen Krankheit xy wirkt oder Symptome der Krankheit xy lindert oder der Krankheit xy vorbeugt. Aber man kann von Zahngesundheit oder lebergesunden Fütterung oder Unterstützung von Organfunktionen oder Gelenkgesundheit sprechen, für die man mit dem entsprechenden Produkt natürlich einen entscheidenden Beitrag leistet.  Der beeindruckte Verbraucher wird schon den kaufentscheidenden (wenn auch voreiligen) Schluß ziehen, dass das, was der Gesundheit dienlich ist, automatisch Krankheit verhindert, bessert oder heilt.  Korrelationen werden mit Kausalitäten verwechselt und vorgefaßte Meinungen bestätigt. Und der Tierbesitzer ist gerne bereit, für die heilbringende „Wunder“nahrung viel Geld auszugeben.

Eine Werbung mit gesundheitsbezogenen Aussagen ist ausnahmsweise erlaubt, wenn es sich um Krankheiten handelt, die Folge einer Mangelernährung sind. Auf eine Krankheit, die auch entstehen kann aber  nicht auf eine Mangelernährung zurückzuführen ist, darf nicht hingeweisen werden. Die Menge des entsprechenden Inhaltsstoffes, der für die Wirkung verantwortlich ist, muss ausreichend hoch sein, um erwähnt werden zu dürfen.

Nutrazeutikum oder Pharmazeutikum?

Nutrazeutika sind pharmakologisch wirksame Nahrungsbestandteile, die sinnvoll therapeutisch und prophylaktisch eingesetzt werden können.

Arzneimittel/Pharmazeutika sind Produkte, die aufgrund  ihrer pharmakologisch wirksamen Bestandteile bei entsprechender Dosierung und bei bestimmungsmäßigem Gebrauch die physiologischen Funktionen in signifikanter Weise wiederherstellen, korrigieren oder beeinflussen können (Urteil des EuGH).

Klingt ähnlich und das ist auch die Absicht. Nutraceuticals sind frei verkäuflich und daher von jedem einsetzbar. Ihr Einsatz unterliegt keinen Reglementierungen. Sie sind günstig in Enwicklung und Herstellung und kosten mehr als Arzneimittel.

Dem Verbraucher wird  suggeriert, dass die Produkte eine natürliche und ungefährliche Alternative zur schulmedizinischen Chemie sind. Zusätze zur Nahrung sind allerdings meist weder natürlich noch prinzipiell ungefährlich wenn pharmakologisch wirksam. Auch kann das natürlichste Bio-Nahrungsmittel gefährlich werden, wenn es pharmakologisch wirksame Bestandteile enthält.

Functional Food und Nutraceutica versprechen hohe Gewinne

Das Arzneimittelgesetz regelt Herstellung, Zulassung und Inverkehrbringen von Arzneimitteln – auch von pflanzlichen Arzneien (Phytopharmaka) und Homöopathika. An die Zulassung sind strenge und vor allem auch für den Hersteller kostenaufwendige Anforderungen an den Wirkungsnachweis gestellt.

Für Pharmaunternehmen ist die Nutrazeutika-Entwicklung äußerst interessant, ist doch von einträchtigen Gewinnen bei geringerem Aufwand auszugehen. Anders als bei Arzneimitteln ist für Nahrungsmittel nämlich kein Wirksamkeitsnachweis vorgesehen. Die Ausgaben für langwierige klinische Prüfungen und Zulassung entfallen. Nutraceuticals können schnell und gewinnbringend auf den Markt gebracht werden. Gegenüber Nahrungsmittelkonzernen hat die Pharmabranche auch den Vorteil, die beanspruchte Wirkung der jeweiligen Nutrazeutika im Bedarfsfall zur Unterstreichung der Seriosität mit Hilfe von beliebigen klinischen Testreihen (die von niemandem geprüft werden) zu untermauern.

Zusätze wie z.B.  in Zusammenarbeit mit Tierärzten entwickelt…unter Berücksichtigung neuester Studien etc.  weckt unberechtigtes Vertrauen in die sinnvolle Zusammensetzung eines Futtermittels – wozu dem Einsatz entsprechend bei einem Alleinfutter mit besonderen Zusätzen auch die Bedarfsdeckung an profanen Nährstoffen gehört. Und die ist bei einigen Futtermitteln den Untersuchungen der Stiftung Warentest zufolge nicht einmal bei „normalen“ Alleinfuttermitteln gewährleistet.

Functional Food und Nutrazeutika sind keine Arzneimittel. Ihr kontrollierter Einsatz kann als diätetische Maßnahme im Rahmen jeder Therapie Sinn machen, aber sie machen Gesunde nicht gesünder und heilen keine Kranken. Und wenn sie denn tatsächlich eine pharmakologische Wirkung entfalten, ist das keine Hilfe zur Selbsthilfe für den Organismus sondern wie bei jedem pharmakologisch wirksamen Produkt eine Unterdrückung von Symptomen.