Reisekrankheiten des Hundes

Homöopathie bei Mittelmeerkrankheiten

Vermehrte Reiseaktivitäten mit Hunden aber auch die Tierschutzaktivitäten mit Vermittlung von Hunden aus dem Ausland haben dazu geführt, dass die typischen Mittelmeerkrankheiten der Hunde  auch bei uns immer mehr zum Thema werden. Beim Hund fallen darunter Leishmaniose, Babesiose, Ehrlichiose, Hepatozoonose und Herzwurmerkrankung. Diese Krankheiten gehören zu den sogenannten Canine Vector-borne Diseases (CVBDs), zu den von Parasiten (Vektoren) übertragenen Krankheiten.

Erreger und Übertragung

Leishmaniose, Babesiose und Hepatozoonose werden durch parasitäre Einzeller ausgelöst, die die Blutkörperchen befallen (Leishmaniose – weiße Blutkörperchen, Babesiose – rote Blutkörperchen, Hepatozoonose – weiße Blutkörperchen). Die Herzwurmerkrankung wird – wie der Name schon sagt – von Würmern und zwar von Fadenwürmern (Dirofilarien) ausgelöst. Die Ehrlichiose wird durch ein Bakterium ausgelöst.

Babesiose, Ehrlichiose und Hepatozoonose bzw. die Erreger werden von der braunen Hundezecke, die eigentlich in Afrika beheimatet ist, übertragen.  Die Babesiose kann auch von anderen Zeckenarten übertragen werden. Zur Übertragung der Hepatozoonose muss die Zecke, die den Erreger beherbergt, vom Hund gefressen werden. Die Leishmaniose wird durch Stich der Sandmücke übertragen, die Herzwurmerkrankung durch verschiedene Arten von Stechmücken.

Die Symptomatik der Mittelmeerkrankheiten

Die klinischen Symptome der Mittelmeerkrankheiten sind im Einzelfall oft leider wenig eindeutig, was die Diagnose erschwert. Insbesondere da die Erkrankungen oft im Doppelpack vorkommen. Es bestehen große Ähnlichkeiten. Die Symptome werden entweder durch den Parasiten direkt hervorgerufen oder sind Folgen der Immunantwort (z.B. Nierenversagen durch Immunkomplexe).

Herzwurmerkrankung

Mit dem Stich einer infizierten Mücke gelangen Wurmlarven in den Hund. Diese Larven wandern über Wochen und Monate von der Einstichstelle in die großen Blutgefäße von Herz und Lunge. Hier reifen die jungen Larven zu bis zu 30 cm langen Würmern heran. Direkt nach Erreichen der Geschlechtsreife beginnen die Herzwürmer damit, mikroskopisch kleine Larven (sogenannte Mikrofilarien) in das Blut des infizierten Hundes abzugeben. Moskitos können diese Mikrofilarien beim Blutsaugen aufnehmen und übertragen und der Zyklus beginnt von neuem.

Der Herzwurm (Dirofilaria immitens) siedelt sich in der rechten Herzseite und den herznahen Gefäßen an und behindert den Blutfluß. Es kommt zur Rechtsherzinsuffizienz mit  Erweiterung der rechten Herzseite (Cor pulmonale) mit Atemnot, Husten, Bildung von Ödemen und Herz- und Nierenstörungen. Infolge der Herzinsuffizienz kann es auch zu Herzversagen, Leber- und Nierenversagen kommen.

Therapeutisch liegt das Hauptaugenmerk auf der Prophylaxe bzw. der Verhinderung der Ansiedlung des reifen Wurmes in den Gefäßen.

Leishmaniose (HL)

Die Leshmaniose ist eine granulomatöse (= entzündliche und Knötchen bildende) Haut- und Organerkrankung. Mischinfektionen mit Babesiose und/oder Ehrlichiose kommen oft vor. Man unterscheidet latente Formen, die besonders in den Anfangsstadien jahrelang unbemerkt bestehen, und manifeste Formen, die in unterschiedlichen Schweregraden separat oder gleichzeitig vorliegen können. Die Erkrankung kann sich in einem einzigen Hautgeschwür zeigen oder als tödliche Allgemeinerkrankung, dazwischen ist alles möglich. Es gibt die kutane Leishmaniose, die die Haut beftrifft, die viszerale Leishmaniose, die die inneren Organe befällt, und eine mucocutane Form, die sich an Haut und Schleimhäuten zeigt.  HL verursacht vage und unspezifische, oft schubweise Symptome, die auch bei vielen anderen Erkrankungen auftreten  können: Lethargie, gelichtetes Haarkleid, Fieberschübe, Abmagerung, Leber- und Milzvergrößerung, Muskelschwäche. Verdächtig sind abschuppende, nicht juckende Hautentzündungen und Haarausfall an Nasenrücken, Ohrspitzen und um die Augen herum, von großen, leicht fettigen und kreideweißen Schuppen bedeckt. Die Hautveränderungen können sich auf  Hals, Rücken, Gliedmaßen und Pfoten ausdehnen. Infolge einer Entzündung des Krallenbettes kann es zu übermäßigem Krallenwachstum kommen.

Die Erkrankung kann grundsätzlich ALLE Organe in Mitleidenschaft ziehen, die Haut ist  meistens (mit)betroffen. Neben den geschilderten Hautveränderungen kommt es zu Hautgeschwüren über Knochenvorsprüngen, an Schwanzspitze und Ohren und im Haut-Schleimhaut-Übergang und zu Fistelbildung. Auch Knötchen- und Pusteln, übermäßige Verhornung und Pigmentverlust der Nase, Entzündungen der Bindehaut, der Hornhaut und der Augenlider treten auf. Bei der viszeralen Leishmaniose tritt intermittierendes Fieber mit 2 täglichen Gipfeln auf.  Lymphknotenschwellungen, Leberentzündungen, Darmentzündungen,  Blutgefäßentzündungen, Knochenmarkentzündungen, Gelenkentzündungen, Nervenentzündungen und Muskelentzündung mit starker Atrophie der Kopfmuskeln, Anämie und Nierenversagen werden beobachtet.

In der Therapie spielt neben Erregerhemmung und -elimination vor allem die  Stärkung der körpereigenen zellulären Abwehr eine große Rolle.

Ehrlichiose (EO)

Befallen werden die weißen Blutzellen. Von diesen wird der Erreger in Leber, Milz, Lymphknoten und weiter in Lunge, Nieren und Hirnhäute verbreitet. Die Inkubationszeit beträgt 1-3 Wochen. Bösartig ist die Krankheit nur bei jungen und geschwächten Tieren bzw. bei gleichzeitiger Infektion mit anderen Blutparasiten. Allmähliche Selbstheilung ist möglich oder chronischer Verlauf mit Knochenmarksdepression und verminderter Blutbildung.

Symptome der Akutphase sind zunächst wässriger dann zunehmend schleimig-eitriger Nasen- und Augenausfluß, ständig wiederkehrendes hohes Fieber, Thrombozytenmangel mit Blutungsneigung (Nasenbluten), Lymphknotenschwellung, Abgeschlagenheit, Atemnot, auch zentralnervöse Störungen (Muskelzucken, Überempfindlichkeit) treten auf. Auch eine Stomatitis ist möglich. Auf die akute Phase folgt eine subklinische Phase und nach 6-17 Wochen erfolgt entweder Heilung oder Übergang in die chronische Phase mit Anämie, Blutungsneigung (Spontanblutungen in  Schleimhäute, innere Organe, Bauchhöhle).

Erregerelimination durch Antibiose ist möglich.

Babesiose (B.)

Die Babesiose der Hunde wird auch als Hunde-Malaria bezeichnet. Der Errerger zerstört die roten Blutkörperchen (Hämolyse).  Nach einer Inkubationszeit von 10-21 Tagen kommt es zu hohem Fieber mit Mattigkeit und Inappetenz, Gewichtsverlust, zunehmender Anämie und Ikterus (Gelbsucht). Die Milz ist meist stark vergrößert. Weitere Symptome sind Blutharnen, Lebervergrößerung sowie bei schweren Verläufen Bauchwassersucht und Ödeme, Haut- und Schleimhautblutungen durch Blutplättchenmangel und Blutgerinnung innerhalb der Blutgefäße. Entzündungen der Maul- und Magenschleimhaut und der Muskulatur sind häufig. Es gibt auch eine zentralnervöse Form mit epilepsieähnlichen Anfällen, Bewegungsstörungen und Lähmungen.

Bei chronischem Verlauf kommt es zu intermittierendem Fieber, die Gelbsucht ist nicht so stark ausgeprägt. Die akute Form endet unbehandelt binnen weniger Tage mit dem Tod durch Atemnot, Anämie und Nierenversagen. Das Ausmaß der klinischen Erscheinungen hängt von der Babesien-Art, der Durchseuchung und Antikörperbildung ab. Es gibt immune Überträger und milde chronische Verläufe. Nach Durchlaufen der Infektion beherbergen anscheinend gesunde Individuen den Erreger noch bis zu 2,5 Jahren, in denen die Krankheit immer wieder aufflammen kann.

Hepatozoonose (H)

In den befallenen Geweben verursacht die Infektion eine eitrig-granulomatöse Entzündung. Wie bei der HL haben wir hier die knötchenförmigen Gewebeneubildungen als Reaktion auf den chronischen Entzündungsreiz.

Es kommt zu intermittierenden Fieberschüben, milder Anämie, Lymphknotenschwellung, eitrigem Nasen- und Augenausfluß, Muskelentzündung,  Knochenzubildungen an Muskelansätzen der Gliedmaßen. Auch blutige Durchfälle kommen vor. Immunkomplexe können zu einer Nierenschädigung führen.

Eine vollständige Eliminierung des Erregers ist nicht möglich, seine Vermehrung kann nur kontrolliert werden. Spontanheilungen sind möglich.

Die Mittelmeerkrankheiten im Repertorium

Miasmatische Betrachtung

Im Miasmenmodell Gienows gibt es ein Miasma Parasitose. Das Miasma Parasitose steht in seinem Miasmenmodell auf einer Ebene mit der Sykose und zeigt sich in ähnlichen Symptomen. Andere Autoren sprechen auch von der Parasitose als Miasma der Arzneikrankheit bzw. des Arzneimißbrauchs und der Unterdrückung.

Mittel, die die Parasitose nach Gienow zu heilen vermögen, sind:  calad., cean., chin., cina, nat-m., ped., penic., sabad., squil., spig., teucr. Bei der Behandlung des Miasmas ist ein Übergang zur Psora oder ein Zurückspringen zur Syphilinie möglich.

Ob ein Virus eine Wirtszelle befällt, um sie für ihr Fremdprogramm zu nutzen, ob es sich um parasitäre zwischenmenschliche Beziehungen handelt, oder ob ein Kind zum fünften Mal in einem Jahr mit Läusen in die Praxis kommt, macht nur einen Unterschied in Bezug auf die Ebenen, auf denen das parasitäre Miasma zum Tragen kommt (Andreas Krüger)

Das Miasma der Parasitose verkörpert die Abhängigkeit von äußeren Gegebenheiten, bis hin zur Besetzung mit Fremdem (Beate Latour).

Mögliche Repertoriumsrubriken

Die folgenden Ausführungen sind als Hilfestellung bei der Rubrikensuche und Mittelwahl zu verstehen – ohne Anspruch auf Vollständigkeit! Die Darstellungen geben eine Symptomen-/Rubrikenwahl zu den einzelnen Erkrankungen wieder, sind also im eigentlichen Sinne Repertorisationen der Krankheiten. Welche Symptome im Einzelfall eine Rolle spielen und repertorisiert werden sollten/könnten, bleibt davon ebenso unberührt wie individuelle Modalitäten, die – wenn vorhanden – auf jeden Fall mit berücksichtigt werden sollten. Die in den Abbildungen aufgeführten Mittel stellen nur einen Ausschnitt aus den Möglichkeiten dar! Immerhin zeigt sich, welche Mittel große Ähnlichkeit mit den Krankheitsbildern der Parasitosen haben.

Herzwurm: Im Repertorium gibt es eine Rubrik Husten durch Würmer mit 2 Mitteln, Cina (cina) und Terebinthiniae oleum (ter.). Auch wenn hier sicherlich kein Herzwurmbefall dahinter steckt, scheint Cina ein mögliches Mittel zu sein: Cina hat trockenen Krampfhusten mit Atemnot (ist ein Keuchhusten-Mittel) im Arzneibild und ist DAS Mittel bei Wurmleiden. Gienow ordnet Cina der Parasitose zu,  ter. der Sykose.

Nach Vijayakar ist Filarienbefall sykotisch.

Ehrlichiose, Babesiose, Hepatozoonose: Die Kombination von Anämie mit wiederkehrendem Fieber finden wir nur bei nit-ac. – was nicht heißt, dass andere Mittel das nicht auch abdecken könnten – es hat vielleicht nur noch keinen Eingang ins Repertorium gefunden. Die Hämolyse der Babesiose ist ein destruktives = syphilitisches Geschehen ebenso wie die Blutungen der anderen Erkrankungen.

Bei den granulomatösen Entzündungen der Leishmaniose und der Hepatozoonose kommt es infolge chronischer Entzündungsreize zu Gewebezubildungen in Form von kleinen Knötchen – entzündliche Granulome können an der Haut und inneren Organen auftreten. Eine entsprechende Allgemeinrubrik gibt es im Repertorium leider nicht. In jedem Fall handelt es sich – wie auch beim schleimigen oder eitrigen Nasen- oder Augenausfluß – um ein sykotisches Geschehen.

Die Lymphknotenschwellung (sykotisch) finden wir so nicht im Repertorium. Dort finden wir nur den nicht ganz korrekten Begriff der Lymphdrüsen, gemeint ist dasselbe. Von den Lymphdrüsen werden wir weiter verwiesen an die Drüsen im Allgemeinen. Entsprechende Symptome also unter Drüsen suchen: Schwellung, Entzündung, hart, chronisch etc.

Die Abbildung zur Hepatozoonose zeigt, welche Mittel die eitrig-granulomatöse Entzündung und in unterschiedlichem Umfang die anderen Symptome der Erkrankung abdecken. Den größen Bezug zu  Entzündung mit Eiterung und Granulation hat sicherlich Hepar sulfuris (hep.), das Gienow übrigens miasmatisch der Parasitose zuordnet. Der Befall des Knochenmarks, die Hämolyse und ein evtl. Muskelschwund lassen merc. als syphilitisches Mittel passend erscheinen.

Für eine größere Darstellung der Repertorisationen auf die Abbildungen klicken!

Hepatozoonose
Hepatozoonose

Bei der Babiose könnte man aufgrund der Ähnlichkeit der Symptome von den bewährten Malaria-Mitteln ausgehen:

Allgemeines – Malaria : alst-s. am-pic. anemps. aran. arn. ars. bapt. canch. caps. cean. cedr. chin. chinin-s. Eucal. eup-a. Eup-per. ip. lept. malar. methyl. nat-m. nat-s. oci-sa. parth. plan. Pop. pyrog. sulph. tarax. verbe-h. –

Läßt man die Rubrik außen vor, ergibt sich folgendes Bild:

Babesiose
Babesiose
Ehrlichiose
Ehrlichiose

Die Leishmaniose wartet mit unzähligen Symptomen auf. Die für die Leishmaniose übliche Verschlimmerung durch Hitze/Wärme engt die Mittelwahl aber deutlich ein. In die Repertorisation eingegangen sind hier nur die Mittel, die agg. durch Wärme 2- und 3-wertig haben.

Leishmaniose
Leishmaniose

Im miasmatischen Repertorium von Gienow gibt es eine Rubrik, die die lange Inkubationszeit, das Verborgene der Leishmaniose meiner Meinung nach gut spiegelt: Heimlich; geheim; Geheimnis; verborgen; versteckt; verstecken; Rückzug; verkriechen. Hier ein Auszug aus den Mitteln: ars, bell, bry, lyc, nat-m, nit-ac, phos, plb, puls, syph, thuja. Diese von mir ausgewählten Mittel haben auch 2- oder 3-wertig das intermittierende Fieber im Arzneibild. Das könnte auch für Hepatozoonose, Ehrlichiose und Babesiose in den entsprechenden Krankheitsphasen passen.

Zu guter letzt noch einmal der Hinweis, dass der Beitrag nur als Denkanstoß/Anregung zur Rubriken- und MIttelwahl zu verstehen ist.