Neurotransmitter und Homöopathie

Neurotransmitter sind gezielt homöopathisch beeinflussbar

Neurotransmitter sind chemische Botenstoffe, die für die Informationsübertragung zwischen Nervenzellen im Gehirn und dem gesamten Körper zuständig sind. Sie beeinflussen Muskeln, Blutgefäße und die Hormonbildung, aber auch unseren mentalen Zustand, die Schmerzverarbeitung und unseren Schlaf. Neurotransmitter werden auch oft als Neurohormone bezeichnet.  Sie ermöglichen eine differenzierte Modulation der Reize und bestimmen, ob ein Reiz erregt oder hemmt.
Stimmung, Gedächtnis, Aufmerksamkeit, Motivation und Lernen sind vom Zusammenspiel der Neurotransmitter im Gehirn abhängig. Man weiß schon lange, dass viele Empfindungen des Individuums von Überschuß oder Mangel an bestimmten Transmittersubstanzen im Gehirn bestimmt werden. Gefühle bestimmen wiederum das Verhalten. Die Homöopathie nimmt Einfluß auf Gemütssymptome wie Aufregung, Angst, Panik, Unruhe, Kummer.  Das läßt den Schluß zu, dass die Homöopathie in die Systeme der Neurotransmitter eingreift. Wie ist diese Eingreifen zu bewerten? Wann ist es sinnvoll und wann birgt es Gefahren?

Wo werden Neurotransmitter gebildet und wo wirken sie

Neurotransmitter werden von den sendenden Nervenzellen gebildet und in den Spalt zwischen den Nervenzellen abgegeben. Sie docken an der empfangenden Nervenzelle an und lösen damit eine Reaktion der Zelle aus. Was die Neurotransmitter jeweils in der empfangenden Zelle auslösen, hängt von dieser Zelle ab.  Ein und derselbe Transmitter kann je nach Organsystem (z.B. Herz oder Skelettmuskulatur oder Gehirn) unterschiedlich wirken. Es gibt Neurotransmitter, die erregend wirken und solche die dämpfen.

Der wichtigste erregende Transmitter im Gehirn ist Glutamat. Die wichtigsten hemmenden Transmitter im Zentralen Nervensystem sind Gamma-Aminobuttersäure (GABA) und Glycin. Andere bekannte Transmitter sind Noradrenalin oder Acetylcholin, Dopamin, Serotonin.

Neurotransmitter im Dienste der Homöostase

Die Freisetzung von Transmittern steht im Dienste der Aufrechterhaltung einer Homöostase, eines Gleichgewichtszustandes bei wechselnden inneren und äußeren Bedingungen. Jedes durch Transmitter ausgelösbare Gefühl hat in einem bestimmten Kontext seine Daseinsberechtigung, sei es vermindertes Schmerzempfinden und Gleichgültigkeit bei lebensgefährlichen Verletzungen, Kuschelbedürfnis nach der Entbindung, verstärkte Libido im Dienste der Fortpflanzung etc.

Es gibt ein angeborenes, individuelles Mehr-oder-Weniger an Neurotransmittern und die Homöostase kann durch äußere oder innere Einflüsse vorübergehend oder auch langfristig schwer gestört sein – mit der Folge eines Ungleichgewichts in den Transmittersystemen, das störende Gemütszustände auslöst. Jeder Transmitter ist in ein System von Produktion, Verbreitung, Wirkung und Abbau eingebunden. Kann ich die Produktion oder den Abbau der Neurotransmitter ankurbeln oder drosseln, bin ich in der Lage Stimmungen (und natürlich resultierende Handlungen) zu beeinflussen.

Welche Neurotransmitter sind für welche Gefühlszustände verantwortlich?

Die folgende Übersicht habe ich dem Buch von Vijayakar – Die Theorie der Unterdrückung , Verlag Kristina Lotz – entnommen.

Blockade bei Norephedrin und Serotonin: Traurigkeit, Verzweiflung, Kummer, Sorgen, Trübsal, Appetitlosigkeit, mangelnde Libido, Schlafstörungen, psychomotorische Unruhezustände
Überschuß an Dopamin: Gefühl von Verfolgung durch äußere Ursachen, Hören von Stimmen, Wahnideen
Überschuß an Encephalin und Endorphin: Herabgesetztes Schmerzempfinden, Gleichgültigkeit, Zufriedenheit und Glücksempfinden
Überschuß an Schilddrüsenhormonen: Generalisierte erhöhung des Metabolismus, der körperlichen Aktivität und des Nervensystems
Überschuß an Testosteron und Östrogenen: Verstärkte Libido
6 bis 7 Fragmente der Aminosäuren des ACTH: Intensivierte Ängste und Befürchtungen
Überschuß an Phenylethonolamin: verstärktes Gefühl der allumfassenden Liebe
Überschuß an Oxytocin: Bedürfnis nach Anlehnung, Umarmung, Zuwendung

Noch mehr detaillierte Infos vor allem zur Chemie der Neurotransmittern gibt es hier: http://www.spektrum.de/lexikon/neurowissenschaft/neurotransmitter/8752

Welche homöopathischen Arzneien haben Bezug zu welchem Transmittersystem?

Vijayakar vermutet bei  Ignatia, Natrium muriaticum, Acidum phosphoricum und Sepia eine genetisch verankerte Insuffizienz bei der Ausschüttung von Noradrenalin oder Serotonin und bei fröhlicheren Naturellen wie Cannabis indica, Lachesis, Hyoscyamus oder Belladonna eine genetische Veranlagung zur verstärkten Produktion von Dopamin. Neurochemische Eigenarten bestimmen so die Charakterzüge.

Ein plötzlicher Schock, langer Kummer, Angst oder Kränkung kann einen Mangel oder Überschuß an wichtigen Neurotransmittern auslösen. Es kommt in diesen Fällen zu einer zeitlich begrenzten Verhaltensänderung aufgrund der veränderten Spiegel der Neurotransmitter.

Verschreibungen auf Gemütssymptome bedeutet direkt Beeinflussung der Transmittersysteme

Gelsemium bei Nervosität, Staphisagria bei Kränkung und Ignatia bei Kummer sind klassische Beispiele für Verschreibungen auf emotionaler Ebene. Wenn viele derartiger Verordnungen  getätigt werden, kann es in der Folge nach Vijayakar zu einer gefährlichen Unterdrückung kommen.

Die Verschreibung ausschließlich auf Basis der Gemütssymptome hat Effekte auf die Nervenzellen, die die Neurotransmitter produzieren. Das Mittel wird die Synthese, Abgabe oder Abbau  vorübergehend ankurbeln oder dämpfen. Da Mittelwirkung und Gegenwirkung der Lebenskraft in etwa gleich sind, wird die Gegenwirkung die Wirkung allerdings irgendwann aufheben und der Patient wird einen Verschlimmerung (Rebound-Effekt) erleiden, wenn die Arznei abgesetzt wird.

Wichtig ist die Mittelwahl nach dem Similegesetz. Jede einseitige Verschreibung auf Gemütssymptome ist nicht homöopathisch.