Silicea terra, Kieselerde, Kieselsäure, Kieselgur, Diatomeen, Silikon – hier dreht sich alles um Silicium
Silicium (oder Silizium) ist ein chemisches Element (ein Halbmetall). Es ist nach Sauerstoff das zweithäufigste Element der Erdhülle. Silizium kommt in elementarer Form vor, als Bestandteil von Gesteinen in Form von Siliciumdioxid SiO2 (auch in Verbindungen mit anderen Mineralen) als Silicat und gelöst in Wasser als Kieselsäure. Silicate machen über 90% der Erdkruste aus. Quarzsand, Bergkristall und Kiesel sind Silicate aus SiO2, bei farbigen Schmucksteine sind noch andere Minerale beteiligt.
Der Name leitet sich übrigens aus dem Lateinischen ab: silex = Fels, Kieselstein und silicia = Kieselerde.
Elementares Silicium ist für Mensch und andere Säuger ungiftig (wobei letztlich immer die Dosis entscheidet). Es ist Bestandteil von Knochen, Knorpel, Haut und Haaren. Es ist ein essentielles Spurenelement d.h. es muss mit der Nahrung zugeführt werden. Mangelerscheinungen sind nicht bekannt, die Versorgung ist ausreichend.
Kieselsäure ist in Gewässern, im Trinkwasser, in tierischen und pflanzlichen (Körper)flüssigkeiten enthalten. Durch Abspaltung von 1 oder 2 Wassermolekülen entsteht aus Kieselsäuren (man unterscheidet mehrere Typen) das Anhydrid SiO2. Kieselalgen bauen aus der Kieselsäure, die sie aus dem Wasser aufnehmen, eine schützende Siliciumdioxid-Schale auf. Auch Schwämme geben sich mit Siliciumdioxid eine Struktur. Pflanzen (insbesondere z.B. Schachtelhalm und Bambus) nehmen die Kieselsäure aus dem Boden auf und bilden daraus siliciumhaltige Gerüstsubstanzen auf, die ihren Blättern und Stengeln Halt geben. Ballaststoffreiche Gemüse sind daher besonders Si-reich.
Kieselgur als Nahrungsergänzung
Sterben die Kieselalgen ab, werden die Zellen abgebaut und die Schalen bilden eine Ablagerung auf dem Grund des Gewässers – Diatomeenerde oder Kieselgur genannt. Die Kieselerde, die zur Nahrungs- und Futterrergänzung eingesetzt wird, besteht (oder besser gesagt sollte bestehen) aus pulverisierten fossilen Algenschalen und kaum Beimischungen anderer Si-Quellen enthalten.
Da Silicium im menschlichen und tierischen Organismus überall im Bindegewebe vorkommt und sich in Nägeln, Haut und Haaren anreichert, legt das natürlich nahe, die Festigkeit dieser Strukturen mit einer zusätzlichen Siliciumversorgung über die Nahrung fördern zu wollen. Die Beweisführung dafür, dass das so funktioniert, steht allerdings aus.
Zwar enthalten alle durch Verschmelzung entstandenen Gesteine und alle Erden Silicium – aber sie enthalten auch Unerwünschtes. Käme es nur auf das Silicium an, könnte man auch Gesteinsmehl (das zur langfristigen Bodenverbesserrung eingesetzt wird) ins Joghurt einrühren oder vermahlenen Beton, Zement, Bauschutt oder Glas oder Opal.
Die fossilen Algenschalen sind ein biogenes Sediment, sie sind ursprünglich durch die Stoffwechselaktivität eines biologischen Organismus entstanden – und nicht durch Hitzeeinwirkung und Verschmelzung. Glaubt man, auf entsprechende Nahrungsergänzungsmittel zurückgreifen zu müssen, sollte man darauf achten, dass die Beimischungen von anderen Siliciumquellen so gering wie möglich sind.
Es heißt übrigens „die“ Kieselgur!
Kieselgur als Biozid
Bestäubt man Hund, Katze oder Pferd oder die Lagerstätten mit Kieselgur, wird der Chitinpanzer der Parasiten geschädigt. Und zwar sowohl durch die abrasive Wirkung der Kieselgur (wird deswegen auch Zahnpasten zugesetzt) als auch durch die Absorption von Lipiden. Ist die Lipidbeschichtung des Panzers beschädigt, trocknen Flöhe, Larven und Eier sowie auch andere Parasiten aus, d.h. sie sterben ab. Grundsätzlich also eine gute Idee – wenn da nicht der Feinstaub wäre, den weder Mensch noch Tier einatmen sollte. Hier gilt es also die Risiken möglicher alternativer Maßnahmen gegeneinander abzuwägen. Bei einem Pferd, dem man draußen die Schweifrübe und den Mähnenkamm einsprüht, sieht die Sache anders aus als bei einer Wohnungskatze.
„Eine Substanz zur Bekämpfung von Schadorganismen gilt als Wirkstoff mit chemischer Wirkungsweise, wenn die Bekämpfung damit verbunden ist, dass dieser Stoff durch unmittelbare chemische Wechselwirkung Einfluss auf biochemische/physiologische Prozesse (innerhalb bzw. außerhalb der Zielorganismen) ausübt oder aufgrund der physikalischen/chemischen Eigenschaften des Stoffes indirekte Veränderungen hervorruft.“ Dies ist hier eindeutig der Fall.
„……Das Silica greift in physiologische Prozesse ein, in dem es die natürliche Wasserbarriere (die wächserne Schutzschicht der Oberhaut) zerstört und
damit den Mechanismus zum Zurückhalten des Wassers beeinträchtigt.“
In jedem Fall unterliegen solche Produkte der Biozid-Richtlinie der EU, da sie eine chemische Wirkung (Absorption von Lipiden) entfalten.
Mit Silikonspray gegen Flöhe in der Umgebung
Anders sieht das bei den Silkonsprays aus, sie fallen nicht unter die Biozid-Richtlinie.
Silikone sind organische und bioverträgliche synthetische Siliciumverbindungen – also etwas grundsätzlich anderes als Kieselsäure oder Kieselerde. Silikone kommen vielfältig in Lebensmitteln, in Kosmetika, Medikamenten (z.B. als Entschäumungsmittel in Kautabletten bei Magen-Darmbeschwerden) und Medizinprodukten zur Anwendung.
Silikone behindern nicht die Entwicklung der Flöhe sondern ihre Fortbewegung – was aber auch ein Todesurteil bedeutet. Die ausgewachsenen Flöhe werden ebenso immobilisiert wie die Larven und auch ein Schlüpfen der Puppen aus den Eiern wird verhindert. Der Wirkmechanismus ist rein physikalisch.
Ein Nachteil der Produkte ist die leichte Entflammbarkeit und das „Verschmieren“ von Textilien und Teppichböden.
Kieselgel
Dabei handelt es sich um gummiartig bis festes kolloidales Siliciumdioxid-Gel, das aus Wasserglas gewonnen wird. Es ist stark wasseranziehend (hygroskopisch) und wird als Trocknungsmittel eingesetzt. Es findet auch Verwendung als Katzenstreu.
Siliciumdioxid im technischen Informationsblatt
Das ist für jeden interessant, der Kieselerde/Kieselgur äußerlich oder innerlich anwendet. Hier ein Auszug:
„Kristallines Silizium (Siliziumdioxid) stellt eine große Gefahr für die Atmungsorgane dar. Jedoch ist die Wahrscheinlichkeit einer Schädigung bei der Erzeugung und normalen Verarbeitung von kristallinen Silizium sehr gering. Ld 50 (oral) – 3160 mg/kg. ( LD50: Lebensgefährliche Dosis 50. Dosis einer Substanz, die den Tod von 50% einer Tierbevölkerung zur Folge hat, durch jegliche Art der Aufnahme, außer Inhalation) Normalerweise ausgedrückt als Milligramm oder Gramm Substanz pro Kilogramm Tiergewicht).
Siliziumkristallstaub reizt die Haut und die Augen bei Kontakt. Einatmen verursacht Entzündungen der Lungen und der Schleimhäute. Eine Entzündung der Augen äußert sich in Tränenfluss und Rötung. Rötung, Juckreiz und Bildung von Ausschlägen sind Symptome der Hautentzündung.
Lungenkrebs steht in direkter Verbindung mit einem beruflichen Ausgesetztsein mit den Quarzkristallen. Ein Ursache-Wirkungs-Verhältnis konnte durch Studien an Bergleuten, Diatomeen-Erdarbeitern, Granitarbeitern, Keramikarbeitern, Arbeitern in der Ziegelbrennerei und anderer Arbeiter nachgewiesen werden.
Einige epidemiologische Studien haben statistisch über die bedeutsame Anzahl von zunehmenden Todesfällen oder Fällen immunologischer Störungen und autoimmuner Krankheiten bei siliziumbelasteten Arbeitern berichtet. Diese Krankheiten und Störungen umfassen Skerodermie, rheumatische Arthritis, Körperlupuserythematosus und Sarkoidosis.
Neue epidemiologische Studien haben wichtige Zusammenhänge in der beruflichen Belastung mit kristallinen Silizium und auftretenden Nierenkrankheiten und subklinischen Nierenveränderungen herausgefunden.
Kristallines Silizium kann das Immunsystem befallen und zu mikrobakterieller Infektion oder Pilzbefall führen (Tuberkulose)- besonders bei Arbeitern mit Silikose.“
Fazit: Ganz so harmlos wie die Vertreiber von Kieselerde und Kieselgur SiO2zur Gesunderhaltung und Schönheitspflege darstellen, ist es dann wohl doch nicht.