Das neue EU-Recht beschneidet die Möglichkeiten des Tierheilpraktikers drastisch
Am 7. Januar 2019 wurde im Amtsblatt der EU der Text der neuen TierarzneimittelVO veröffentlicht, die am 28. Januar 2022 in Kraft tritt.
In dieser VO werden das Inverkehrbringen, die Herstellung, Einfuhr, Ausfuhr, und Abgabe, der Vertrieb und die Pharmakovigilanz sowie Kontrolle und Verwendung von Tierarzneimitteln – und damit auch von Tierhomöopathika – geregelt.
Die für den Tierhomöopathen wichtigste Neuerung ist die Verschreibungspflicht für ALLE Tierarzneimittel, die bei lebensmittelliefernde Tieren eingesetzt werden. Bisher dürften zugelassene oder registrierte Tierarzneimittel ohne Verschreibung eingesetzt werden. Die neue Verordnung ist für den Tierheilpraktiker/Tierhomöopathen, der nicht Tierarzt ist, mit einem Behandlungsverbot der lebensmittelliefernden Nutztiere gleichzusetzen. Ein Behandlungsverbot ist rechtlich aber nicht unumstritten.
Überblick über die verfügbaren Homöopathika und die legalen Einsatzmöglichkeiten
Apothekenpflichtige Humanhomöopathika = alles, wo nicht ad us vet drauf steht – darf von jedermann eingesetzt werden bei Tieren, die nicht der Lebensmittelgewinnung dienen.
Apothekenpflichtige registrierte Tierhomöopathika = ad us vet + Tierart, OHNE Indikationsangabe.
Da wird bei der Deklaration allerdingsgeschickt geschummelt. Statt von Anwendungsbereichen oder Indikationen ist dann die Rede von „Erfahrungen“….. wirkt gemäß Erfahrung bei…(gelesen bei Zeel® von der Fa. Heel).
Diese Tierhomöopathika dürfen bei nicht lebensmittelliefernden Tieren von jedermann eingesetzt werden.
Apothekenpflichtige zugelassene Tierhomöopathika = ad us vet + Zieltierart + Indikation(en). Auch die zugelassenen Tierhomöopathika dürfen bei nicht lebensmittelliefernden Tieren von jedermann eingesetzt werden.
Einsetzen/Anwenden ist nicht gleichzusetzen mit Abgeben. Abgeben ist nur mit entsprechendem Sachkundenachweis möglich.
Vor und nach der neuen TierarzneimittelVO
Vor der neuen VO: Der THP und der Tierhalter darf für Tiere zugelassene oder registrierte Tierarzneien bestimmungsgemäß auch bei lebensmittelliefernden Tieren einsetzen und bei Vorliegen des Sachkundenachweis auch abgeben. Registrierte Humanhomöopathika dürfen NICHT eingesetzt oder abgegeben werden. Der Tierarzt hat auf dem Wege des off-label-use (Umwidmung) alle Möglichkeiten.
Die neue VO führt die Verschreibungspflicht für zugelassene und registrierte Tierarzneimittel ein. Registrierte Tierarzneien müssen nicht mehr umgewidmet werden, was dem Tierarzt die Therapie erleichtert.
Einziger Trost ist, dass eine individuelle homöopathische Behandlung mit den wenigen für Tiere zugelassenen oder registrierten Mitteln/Potenzen sowieso nicht möglich ist.
Ausnahmen sind möglich
Den Mitgliedsstaaten der EU ist die Möglichkeit eingeräumt, Ausnahmen gelten zu lassen. Grundlage ist dabei immer, dass auch bei unsachgemäßer Anwendung kein Schaden angerichtet werden kann bei Mensch und Tier und in der Umwelt, dass auch für sachgemäße Anwendung keine potentiellen schwerwiegenden Nebenwirkungen bekannt sind und dass bisher über keine unerwünschten Ereignisse mit dem Arzneimittel oder demselben Wirkstoff berichtet wurde. Es dürfen keine Gegenanzeigen in Kombination mit anderen nicht verschreibungspflichtigen Arzneimitteln bekannt sein und es darf kein Rückstandsrisiko bestehen. Außerdem dürfen sich keine Resistenzen entwickeln.
Inwieweit die Interessenverbände es schaffen, die generelle Verschreibungspflicht insbes. in Hinblick auf registrierte Homöopathika zu lockern, wird sich zeigen.
Hier der Link zum vollständigen Text der VO
Hier der Link zu einem Fragen/Antworten-Katalog auf der Seite des BMEL zur Anwendung und Abgabe von Tierarzneimitteln durch den Tierheilpraktiker nach der derzeit noch gültigen alten VO.
Die im Folgenden verlinkten älteren Blogbeiträge sind, was die Differenzierung von Zulassung und Registrierung und die auf dem Markt befindlichen registrierten oder zugelassenen Tierhomöopathika angeht, noch aktuell.