Aminosäuren in Ergänzungsfuttermitteln

Sind Aminosäuren in Ergänzungsfuttermitteln immer sinnvoll?

Aminosäuren sind die Grundbaustoffe der Proteine. In den Nahrungsproteinen kommen etwa 22 verschiedene Aminosäuren vor. Davon sind für den Hund 10 essentiell, für die Katze 11 und für das Pferd 9. Essentiell bedeutet, dass diese Aminosäuren im Körper nicht gebildet werden können und daher mit der Nahrung aufgenommen werden müssen.

Wildtiere sind ausreichend versorgt – andernfalls wären sie schon ausgestorben. Problematischer wird es bei den domestizierten Tieren, den Tieren in Obhut des Menschen. Die in der Tierhaltung eingesetzten Futtermittel enthalten nicht immer alle essentiellen Aminosäuren in ausreichender Menge. Das ist zum Einen dadurch bedingt, dass bestimmte Ausgangsfuttermittel aufgrund des günstigen Preises oder bedingt durch die Verfügbarkeit bevorzugt eingesetzt werden ganz unabhängig von ihrer Eignung. Zum Anderen fehlt dem Haustier die Möglichkeit der freien Wahl, des Ausgleichs oder der Ergänzung. Tiere haben ein gutes Gespür dafür, was sie brauchen. Wobei Ausgleich und Ergänzung nicht täglich geschehen müssen. Nicht jedes Tagesration muss also alles enthalten, der Stoffwechsel kann mit vorübergehenden Engpässen umgehen.

Wenn der Mensch die Fütterung übernimmt

Wird dem Tier die Auswahl der Futtermittel abgenommen und nur eine begrenzte bzw. gar keine Wahl- und Ergänzungsmöglichkeit gelassen, ist die einfachste Möglichkeit, ein mangelhaftes Futtermittel oder eine mangelhafte Ration durch Zusätze oder Ergänzungen aufzuwerten bzw. „vollständig“ zu machen. Vollständig ist die Ration damit rein rechnerisch gemessen an den gerade aktuellen Bedarfszahlen zwar geworden, aber ist sie auch vollwertig? Die unüberschaubare Zahl von Ergänzungsfuttermitteln zeugt vom Wahn, dem Zahlendiktat zu folgen um Defizite zu vermeiden. Davon unabhängig wirft die Ergänzungstaktik aber noch ganz andere Probleme auf. Die „Einzelteile“ stammen in aller Regel nicht aus hochwertigen Quellen bzw. werden mit Hilfe vieler kleiner Helferlein produziert, die durchaus auch ihre Spuren hinterlassen.

Machen Aminosäurenergänzungen Sinn?

horse-1602851_640Das kommt immer darauf an. Beim Pferd gibt es Situationen, in denen eine Ergänzung ihre Berechtigung hat. Z.B. während der Trächtigkeit und im Wachstum in Abhängigkeit von der Fütterung: Während der Trächtigkeit kann es zum Mangel an Lysin kommen. Grünfutter, Magenmilchpulver (bis max. 0,5kg pro Großpferd und Tag), Sojaextraktionsschrot sind reich an Lysin. Bei Fohlen und wachsenden Pferden ist auf eine ausreichende Lysin-,Methionin-,Cystin- und Threoninzufuhrzu achten. Hier muss gezielt zugefüttert werden. Magermilchpulver ist reich an Lysin und den schwefelhaltigen Aminosäuren Cystin und Methionin, Getreideprotein ist reich an schwefelhaltigen Aminosäuren aber arm an Lysin und Threonin.

Zum Thema Leistungsförderung: Zitat aus 2009
Vor dem Hintergrund der bisherigen Forschung auf dem Gebiet der AS-Supplementierung im  Leistungssport scheint es durchaus möglich, dass  sich eine gezielte Ergänzung mit essentiellen Aminosäuren positiv auf die Leistungsphysiologie des Rennpferdes auswirken könnte; im Rahmen dieser Untersuchung konnte jedoch kein statistisch gesicherter Effektnachgewiesen werden.

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Bei der Katze kann die Supplementierung mit Taurin sinnvoll sein, einem Aminsoäurenderivat, das essentiell ist, d.h. es kann nicht vom Organismus in ausreichenden Mengen produziert werden und muss über die Nahrung aufgenommen werden. So hat Taurinmangel in der Muttermilch schwere irreversible Entwicklungsstörunen der Hinterextremitäten und des Kleinhirns (Ataxien, Nystagmus u.a) zur Folge.

Und dann gibt es da noch die Argumentation der Industrie zur Nutztierfütterung:
Als exakt dosierter Zusatz sorgen sie (Anmerk. die Aminosäuren) dafür, dass Schwein, Huhn & Co. ihr Futter besser verwerten. Das ist gut fürs Tier – und erlaubt es, Fleisch, Fisch, Eier und Milch ökologisch, ökonomisch und sozial nachhaltiger zu produzieren (Zitat)

Der Grundgedanke: Minderwertiges Futterprotein (anderes hätte das nicht nötig) wird aufgewertet, dadurch muss weniger Eiweiß verfüttert werden und die unerwünschten Ausscheidungen = Emissionen werden verringert. Die Rechnung geht aber nur auf, wenn tatsächlcih nicht über den Bedarf hinaus Eiweiß verfüttert wird und die Ergänzung insgesamt zu einer Senkung des Proteineinsatzes führt.  Ob man die Aminosäurenergänzungen über die Nahrungsmittelkette dann im Essen haben möchte, die Entscheidung sei jedem selbst überlassen.

Wie die Aminosäuren gewonnen werden

Die essentiellen Aminosäuren werden mittels Enzymen unmittelbar aus pflanzlichen Proteinen gewonnen. Die eingesetzten Enzyme sind in aller Regel mit Hilfe gentechnisch veränderter Mikroorganismen erzeugt worden sein. Gentechnisch manipulierte Mikroorganismen arbeiten effktiver und werden gerne eingesetzt.  Auch die pflanzlichen Proteine können aus gentechnisch manipulierten Pflanzen stammen – etwa Sojabohnen. Gentechnik wohin man blickt!

Die Deklaration gentechnisch veränderter Organismen

Unabhängig davon, ob gentechnisch veränderte Bestandteile im Endprodukt nachgewiesen werden können, müssen Lebensmittel und Futtermittel, die gentechnisch veränderte Organismen (GVO) enthalten, aus ihnen bestehen oder hergestellt wurden, seit dem 18. April 2004 EU-weit gekennzeichnet werden.(BMEL)

Gentechnisch verändertes Soja oder gentechnisch veränderter Mais oder Zutaten, die aus GVO hergestellt (z.B. Sojaöl oder Maisglukosesyrup) wurden, sind also entsprechend zu deklarieren….. bei loser Ware auf Sackanhänger oder Lieferschein.

Futtermittelzusatzstoffe, die von gentechnisch veränderten Mikroorganismen produziert werden, sind nur zulässig, wenn sie nicht als „gentechnisch verändert“ zu kennzeichnen sind. Die Verfütterung derartiger, unter kontrollierten Bedingungen im geschlossenen System gewonnener Enzyme, Aminosäuren oder Vitamine dient beispielsweise einer ausgewogenen Tierernährung und damit dem Wohl und der Gesundheit der Tiere. Immer unzulässig sind Futtermittelzusatzstoffe, die GVO sind oder aus GVO hergestellt wurden.GVO = gentechnisch veränderte Organismen (BMEL).

Das ist hier nachzulesen.

Lebens- und Futtermittel von Tieren, die gentechnisch verändert gefüttert wurden, müssen übrigens nicht deklariert werden. Das betrifft alle tierischen Produkte.

So sieht das dann in der Praxis aus

Muss eine Aminosäuren als Bestandteile eines Futtermittels deklariert werden – was für die Hersteller eines Ergänzungsfutters, das zur Optimierung der Aminosäurenversorgung angeboten wird, ja auch kein Problem darstellt, weil positiv bewertet – ist sie nur zu kennzeichnen, wenn sie aus gentechnisch verändertem Pflanzenmaterial gewonnen wurde.

Aminosäuren, die in geschlossenen Systemen (also ohne Stoff- oder Energieaustausch mit der Umgebung) mit Hilfe gentechnisch veränderter Mikroorganismen hergestellt wurden, müssen nicht gekennzeichnet werden. Vorausgesetzt die Aminosäure wurde gereinigt und enthält keine Mikroorganismen mehr. Defacto ist also der Kennzeichnung dann nicht mehr zu entnehmen, dass die Aminosäure (entsprechendes gilt für Vitamine und Enzyme) mithilfe gentechnisch manipulierter  Mikroorganismen gewonnen wurde.

Der tierische Anteil in Futtermitteln, der von Tieren stammt, die mit gentechnisch veränderten pflanzlichen Futtermitteln gefüttert wurden, muss übrigens nicht als gentechnisch verändert deklariert werden.

Einen guten Überblick über die Problematik der GVO gibt ein Dokument der Uni Hamburg.